Enwie Kej – Bekannt als die stets gut gelaunte Quasselstrippe aus der Kult-Talkshow „Inas Nacht“, präsentiert Ina Müller ihr neues Album „Ich bin die“. Ein Album mit einem Titel, der das Müllerin-Phänomen in einem Dreiwort-Satz einfängt. „Die“ ist für jede Schublade zu sperrig. Als Klischee passt nur ihr eigenes und auch musikalische Vergleiche verbieten sich bei einer Mischung aus Ballade, Chanson, Country und Pop. Ina Müller ist ein Einzelstück. Dazu paßt es auch, dass die Doppel-LP im ungewöhnlichen 10 Inch Format geliefert wird.

Unbequem und einmalig zu sein, Konventionen zu widerstehen und trotzdem das große Publikum zu erreichen, ist ein Teil des Ina-Phänomens. „Das wahre Privileg des Älterwerdens ist die Radikalität“ heißt das Müller’sche Credo, das sie in neue Songs bettet. Thematisch taucht sie tief ein, schaut genau hin und findet in ihren Texten unerwartete Wendungen. Statt stehen zu bleiben, geht Ina Müller weiter auf ihrem künstlerischen Weg.

Ina Müller kann auch anders

Gleich im ersten Song beschreibt sich Ina Müller selbst so, wie sie wohl schnell charakterisiert wird – ungeduldig, zu laut, zu spät, aufbrausend mit großer Klappe. Dass sie diese, von ihr irgendwie erwartete Art manchmal selbst nicht ertragen kann, verrät sie dabei mit erschlagender Offenheit. Aber sie kann auch anders: Nachdenklich und gefühlvoll beschriebt sie Situationen, mit denen man sich im Laufe des Lebens konfrontiert sieht. Den Blues nach der Trennung (Tag eins nach Tag aus) beschriebt sie ebenso einfühlsam wie die Frage, was eigene Kinder wohl aus ihr gemacht hätten (Wie du wohl wärst). Auch den Midlife-Crisis-Titel (Wenn du jetzt aufstehst) oder das rührende Liebeslieb zum Schluss des Albums (Sowas wie Glück) nimmt man Ina Müller ab, denn Sie bleibt bei allem eins – authentisch.

Augenzwinkern im Spiegel

Natürlich geht es aber auch nicht ohne Selbstironie und Augenzwinkern – soll und darf es auch nicht. In „Das war`s“ schmunzelt Ina Müller über das menschliche Höher-Schneller-Weiter-Gen. Irgendwie ist mal nie zufrieden, obwohl man es sein könnte, ja objektiv gesehen auch sein müsste, aber auf irgendeiner Wiese ist das Gras eben immer grüner und dann ist die „ganze Freude wieder im Arsch“. Auch die relevanten Themen wandeln sich im Laufe der Zeit. Waren in jungen Jahren eher aktuelle Beziehungen zu besprechen, geht es im Laufe der Zeit als erstes um die eigenen Gebrechen (Immer eine mehr wie Du). Und natürlich ist jeder selbst kränker und ärmer dran als der andere.

Fazit

Ich finde das Album rundum gelungen. Die Doppel-LP bricht schon durch das ungewohnte 10 Inch Format mit den Konventionen und beinhaltet keinen Code, um das Album auch digital downloaden zu können, sondern hat die CD gleich mit an Bord. Toll! Das Songbook ist übersichtlich und auch in der Schriftgröße so gewählt, dass es auch ohne Brille gut lesbar ist 😉

Auch weil sich der Autor dieser Kritik als aktiver Sportler im Song „Immer eine mehr wie Du“ bestens wiederfindet, ist das unser Lieblingsstück. Insgesamt tatsächlich ein Album, auf dem zukünftige Lieblingslieder vorhanden sind. Aber, liebe Ina, wir sind uns doch einig, dass Hamburg neben „dem Henssler“ noch andere kulinarische Hotspots bietet. Danke für ein tolles Album!

Die auf 1.000 Exemplare limitierte Doppel-LP „Ich bin die“ erscheint am 28.10.2016 im Handel.

Ina Müller: Ich bin die (Doppel-Vinyl mit CD)

Tracklist „Ich bin die“ (Doppel-LP limited Edition)

A01. Ich bin die

A02. Das war’s

A03. Tag eins nach Tag aus

B01. Immer eine mehr wie Du

B02. Klammerblues

B03. Wenn Du jetzt aufstehst

C01. Wie Du wohl wärst

C02. Zahlen, bitte

C03. Bei jeder Liebe

D01. Zimmer 410

D02. Kommando Heulen

D03. Dorf bleibt Dorf

D04. Sowas wie Glück