Thomas – usa Am Montag war es endlich so weit. Das Konzert der Kanada-Rocker Nickelback stand an und die Vorfreude war groß. Als langjähriger Fan der Rockband ging ein Traum in Erfüllung. Nachdem Nickelback seit 2014 eine dreijährige Albumpause einlegte, kam 2017 dann das neue Album FEED THE MACHINE amazon_icon auf den Markt, welches dann auch namensgebend für die diesjährige Europatournee war. Und um es vorweg zu nehmen: so groß wie die Vorfreude war am Ende des Konzerts dann leider auch die Enttäuschung.

Die aus Kanada stammende Rockband Nickelback gründete sich 1996 aus den Mitgliedern Ryan Peake, Ryan Vikedal und den Brüdern Mike und Chad Kroeger. Nach ihrem ersten Album Curb 1996, gelang ihnen der erste große Erfolg mit der 2001 veröffentlichten Platte Silver Side Up. Seitdem sind sie im Rock-Olymp beheimatet und landen alle Jahre wieder Hits, die die Chartleiter erklimmen. Wer sich die Historie der Singles anschaut oder besser anhört, der stellt fest, dass es sich größtenteils um Rockballaden handelt – einfach Akustikgitarren und wenig Wumms. Radio-Songs wie How You Remind Me, Far Away oder Rockstar sind auch im Mainstream bekannt und prägen das allgemeine Bild der Band. Wer allerdings die Alben kennt, der weiß, dass viel mehr hinter der Band steckt: Kraftvoller Hardrock mit fetten Sounds und Rhythmen die bewegen! Dieser Teil macht in der Regel den Großteil der Alben aus. Und mit Songs wie Animals oder Shakin‘ Hands hat mich die Band begeistert, obwohl diese kaum einmal die Charts erobern konnten.

Nichtsdestotrotz war ich guter Dinge, da mein Bruder mir versicherte, dass Nickelback vor ein paar Jahren bei einem Konzert noch die Halle abgerissen habe. Also ging es in die Hanns-Martin-Schleyer Halle nach Stuttgart. Pünktlich um 19:30h trafen wir in der Halle ein und dachten zunächst, wir hätten uns vielleicht im Ort und der Uhrzeit geirrt. Der Hauptteil der Halle mit den Stehplätzen war nur zur Hälfte gefüllt und selbst in dieser standen alle noch mit gebührendem Sicherheitsabstand zu den Nachbarn herum. Auch auf den Rängen tummelten sich nur wenige Zuschauer. Wo man möglichweise Rockfans mit hauptsächlich schwarzer Kleidung vermuten mochte, sah man hauptsächlich weibliche Teenager und Ü40er mit Karohemd. Noch herrschte bei mir die Vorstellung: „Haha, na ihr werdet euch noch wundern!“

Um Punkt 19:30h – sowas macht man nicht bei einem Rockkonzert!! – startete die Vorband „Seether“ mit ihrem Programm. Die aus den USA kommende Post-Grunge-Band verprach druckvolle, verzerrte Sounds mit einigen „Gröhleinheiten“. Der Klang war gut! Die Instrumente waren sehr gut abgemischt, die Base-Drum hatte richtig Druck und so wackelte der eigene Kopf nach kurzer Zeit schon mit im Takt. Was leider weder auf der Bühne, noch für das Publikum gut abgemischt war, war der Gesang von Shaun Morgan Welgemoed, dem Leadsänger. Als Zuschauer hörte man ihn kaum, auf der Bühne kam es allerdings zu einigen fiesen Rückkopplungen durch die Monitorboxen. Seinen Frust darüber lies der Sänger auch schon nach dem ersten Lied freien Lauf und katapultierte das Mikrofon mit seiner Gitarre über die Bühne. Im weiteren Verlauf wurde das Problem wohl für ihn etwas besser, für die Menge aber nicht. Nach gut 45 Minuten und ohne große Interaktion mit dem Publikum verließen die Rocker dann die Bühne.

Der Umbau für den Hauptact war schnell erledigt aber das Warten dauerte an. Nach etwa 20 Minuten verdunkelte sich der Saal kurz und die große Videoleinwand hinter der Bühne zeigte die Band im Backstagebereich, die nochmal zum Toilettengang und Getränkebestellung aufforderte. Mit den Abschlussworten, dass sie nach 20 Minuten da wären, startete ein großer visueller Countdown und die erneute Warterei. Doch das war noch nicht genug. Die Videoleinwand erstrahlte erneut und ein Promo-Video über die Band und Kanada wurde abgespielt. Der Film war aus, die Hallenbeleuchtung noch an und nichts geschah. Dann endlich, nach etwa 5 Minuten erlosch das Licht und die Band kam mit dem Titelsong ihres neuen Albums Feed the Machine auf die Bühne. Fetter Sound und eine geile Lichtshow inklusive eingespielter Videos waren der erste Eindruck und ließen mich grinsen. So konnten die nächsten zwei Stunden weitergehen! Direkt danach der erste Dämpfer. Die erste „Radio-Ballade“ wurde angestimmt. Na gut, eine kann man ja mal zwischendurch spielen. Doch es folgten mit Woke Up This Morning, Photograph und Far Away weitere.

Dann endlich kam der Rock mit dem richtig dreckigen Song Something In Your Mouth zurück. Die Menge bewegte sich und ging ab. Zwischen den Liedern gab es witzige Zwischengespräche von Chad Kroeger mit seinem Gitarristen, dem Publikum und ihrem „Butler“, der regelmäßig „fliegende Hirsche“ (Red Bull Jägermeister) zur Stärkung brachte. Der weitere Verlauf des Abends war ab dann der gleiche. Drei bis vier Radio Hits wurden von einem vereinzelten Kracher unterbrochen, nur um danach in die lahme Leier zurückzukehren. Mit Animals und Million Miles An Hour wurde ordentlich eingeheizt und die Teufelszeichen wurden in die Höhe gestreckt. Auch wenn die Band ihre eigene Musik als „Hard rocking, energetic and entertaining rhythm driven” beschreiben, blieben sie das meiste davon schuldig. Eine Umgekehrte Verteilung von Rocksong vs. Ballade hätte ich mir gewünscht.

Auf der „Habenseite“ muss aber auch betont werden, wie genial die Band gespielt hat. Dazu die eingängige Stimme von Chad Kroeger kraftvoll und ohne jeglichen Fehler, so spielt eine Rockband mit 22 Jahren Erfahrung. Untermalt wurde das Ganze von einer tollen Lichtshow, die individuell zu jedem Lied eine passende Videoanimation abspielte. Zusätzlich wurde die Band und die Zuschauer in den vorderen Reihen von einem Kamerateam gefilmt und direkt auf die Bildschirme projeziert, was zu einem mittendrin-statt-nur-dabei Gefühl sorgte. Für das Lied Rockstar wurde eine junge Dame aus dem Publikum auf die Bühne geholt, ihr ein Mikro gegeben und sie durfte mit der Band performen. Und halleluja, performt hat sie wirklich! Als würde sie jeden Tag auf der Bühne stehen gab sie alles, sang aus vollem Hals und tanzte zum Jubel des Publikums.

Nach etwa zwei Stunden plus Gotta Be Somebody und Burn It to The Groundnoch als Zugabe, beendeten Nickelback das Konzert halbwegs versöhnlich mit einer fetten Packung „Because Of You“. Danach leerte sich der Saal recht schnell. Auf der Toilette schnappte ich noch den Satz eines älteren Schwaben auf, der sagte: „War scho beeindruckend, hätte nie ´dacht, dass die so druckvoll sin!“. Scheinbar waren wir die falschen Fans für dieses Konzert und Nickelback hat eigentlich alles richtig gemacht. Ein fader Beigeschmack blieb leider dennoch und der Heimweg wurde mit der Nennung einiger Titel verbracht, die sie doch besser gespielt hätten. Abschließend war ich mir mit meinem Bruder einig, in Zukunft nur noch Bands zu besuchen, die ihrer harten Linie treu blieben, wie z.B. Halestorm.

Setlist

Feed The Machine
Woke Up This Morning
Photograph
Far Away
Something In Your Mouth
Someday
Lullaby
Figured You Out
Hero
What Are You Waiting For?
Million Miles An Hour
Rockstar
If Today Was Your Last Day
When We Stand Together
Animals
How You Remind Me

Zugabe
Gotta Be Somebody
Burn It to The Ground

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