Enwie Kej – Da habe ich mich lange drauf gefreut, auf das neue Album von Fünf Sterne deluxe. Ob FLASH wirlich flasht und was die drei Hamburger noch drauf haben? Wir haben uns die neue Pladde genau angehört.

Es geht gleich gut los: Flash, ein musikalischer Laserstrahl durchschneidet Flash-Gordon-mäßig den interstellaren Nebel, bevor uns ein tonnenschwerer 808-Beat auf direktem Wege nach Hamburg bugsiert: „Wir war’n lange unterwegs, um den Flash zu suchen / Und dann ham wir ihn gefunden / Er war zerrockt und kaputt / Und aus den Köpfen verschwunden“, berichtet Das Bo, doch das hat nun ein Ende, verspricht Tobi: „Er kricht ‘n Essen und ’n Bad / Und den Bart dann gestutzt
/ Aufgepäppelt, aufgestylt, aufpoliert und es glückt: Er ist wieder da“. Und wie er wieder da ist: Himmlisch brausende Opernchöre jubilieren, während er feierlich Einzug hält, wilde Cuts und Scratches rufen die Heldentaten vergangener Fünf-Sterne-Songs ins Gedächtnis. Afrokalle bietet dann eine unverschämt lässige Afrobeat-Funk-Jam, bei deren Titel Fans der Band natürlich gleich mal „das Herz schneller schlägt“. Und auch 19 Jahre später schlägt die Infusion wieder voll an: „Merkst du auch was im Nackenbereich?“, lautet die Frage der vier Männer in Weiß bei „Afrokalle“. Oh ja, wir merken was.

Eine Band, die sich selbst zitieren kann, ohne dabei auch nur einen Hauch abgehangen zu wirken – das muss man auch erst einmal hinbekommen. Das Kunststück gelingt, weil Fünf Sterne deluxe auf „FLASH“ die richtige Mischung zwischen Traditionsbewusstsein und Experimentierfreude finden. „Das fand ich das Schöne bei diesem Album: Dass wir viele Sachen gemacht haben, die wir uns vorher nie getraut hätten“, bestätigt Das Bo. Beispiel Auto-Tune: „Das gab’s zu unserer Zeit nur von Cher, heute ist es ein ganz normales Vocal Tool, gerade für die Cloud-Rap-Fraktion.“ Und so sorgt in der Synthie-Stoner-Seelenmassage Genau mein Ding der modulierte Gesang ebenso für das gewisse Etwas wie im Shantyklavier-Stampfer Flieg wie ein Engel. Oder die erste Single Moin Bumm Tschack: Diesen Auf-die-12-Dancefloorzerstörer hätte man von Fünf Sterne deluxe vor 17 Jahren so sicher nicht gehört. Um es mit einer Zeile aus dem Song zu sagen: „Tschack Digger, Props Digger, ihr habt mein‘ Respekt“ – Letzteres ganz nebenbei auch für etwas, woran sich schon ganze Hundertschaften gestandener Musiker die Zähne ausgebissen haben. „Wir haben die ‚Mission Impossible’ gelöst und einen Song bei Kraftwerk freibekommen“, freut sich Tobi. Wie, Zitat nicht erkannt? Hausaufgaben machen, Leute!

Video: Fünf Sterne deluxe – Inspektor Jabidde

Haben Tobi und Das Bo schließlich auch: Im Old-School-Joint SMS verarbeiten und name-checken sie die halbe Hip-Hop-History von Public Enemy, Grandmaster Flash, Eric B. & Rakim, Run DMC, Naughty By Nature bis zu den Beastie Boys, in Inspektor Jabidde erzählen sie eine Geschichte in bester Slick-Rick-Manier, die klingt wie eine Ausgeburt von Studio Braun und Sherlock Holmes, „Davon“ lehrt mehr über Achtsamkeitstraining und Stressmanagement als jeder GU-Ratgeber, in Luis V wirkt die Dekadenz des 17. Jahrhunderts erstaunlich aktuell, während dazu der eventuell erste höfische Hip-Hop-Beat der Welt erklingt, Flieg wie ein Engel kommentiert „Neurales Fracking“ und „Fackeln im Shitstorm“ bei Facebook, Twitter und Co. – und in Monulani gründen Fünf Sterne deluxe kurzerhand ihr eigenes Hype-Modelabel – „Monulani im Laden/ Deine Alte will haben“ –, und da in der Fashionwelt bekanntlich alles ein bisschen verrückt ist, muss der Song selbstverständlich zu einer pompösen Inszenierung ausarten, mit Opernsängern, Pauke, Geigern und galoppierenden Pferden.

„Wie soll man sagen: Es ist Exzess. Die Götter reichen dem Proletariat die Hand, irgendwo zwischen Gucci und Ed Hardy liegt die Wahrheit. Es ist wie eine Art Karl-Lagerfeld-Inszenierung, aber nach hinten raus. Vorne ist es eher so Aladin Center, Sankt Pauli“, kommentiert Das Bo und fügt an: „Wir sind die Tim Burton des Rap. Und Tobi und ich sind die Jonny Depp des Tim Burton.“ Wer den 40-Jährigen kennt, weiß: solche Hämmer haut er raus, als wäre es nichts. Fantasiekirmes im Kopf und das nicht etwa nur viermal im Jahr wie der Hamburger Dom, sondern: ständig. Also auch dann, wenn Tobi neben ihm im Studio versucht, die Beats zu produzieren. „Ich sag dann so: ‚Tobi, Tobi, Tobi! Du musst jetzt einmal kurz aufhören!’ Ich hab meistens Ideen, die nicht so haften. Wenn sie kommen, muss ich das einmal reinmachen, damit sie gesichert sind“, erklärt Das Bo. Das freut den Produzenten naturgemäß enorm: „Ist tierisch nervig beim Produzieren“, schwärmt Tobi, dem irgendwann nur noch eines übrigblieb: „Wir haben das Mikrofon, das zuerst erst ein Stück weg von der ganzen Produktion stand, irgendwann in den Studioraum geholt, damit wir sofort zack rein da geben können“.

Fünf Sterne deluxe klingen tatsächlich von der ersten Sekunde des Albums, als wären sie nie weggewesen: Mit Beats, die Druck haben wie ein geschütteltes Dosenbier, Texten, die vor Wortwitz, Querverweisen und Zeitgeist strotzen. Die Doppel-Vinyl ist für 20 Euro inkl. Download-Code erhältlich.

Tracklist Fünf Sterne deluxe – Flash (Vinyl) amazon_icon

1 Flash
2 Afrokalle
3 Moin Bumm Tschack
4 Beatboxrocker
5 Das Feeling Ist Sensational
6 Lachbolero
7 Monvlani
8 Ichsen und Ihmsen
9 Flieg wie ein Engel
10 Davon
11 Gut Eingestellt
12 Bleibmalogga
13 Bruzzelbude
14 Inspektor Jabidde
15 SMS
16 Regeln Machen Tun
17 Krishna Glausen
18 Louis V
19 Genau mein Ding
20 Endrille

Tourdaten Fünf Sterne deluxe

02.11. A-Wien, Arena
03.11. A-Graz, PPC
04.11. A-Linz, Ahoi! Pop
09.11. Köln, LMH
10.11. Wiesbaden, Schlachthof
23.11. Berlin, Columbia Theater
24.11. Leipzig, Conne Island
25.11. Münster, Skaters Palace
30.11. Stuttgart, Im Wizemann
01.12. CH-Zürich, Dynamo
02.12. München, Backstage Werk
14.12. Hannover, Capitol
20.12. Hamburg, Docks

Links Fünf Sterne deluxe

facebook | twitter | amazon