Judith Klein – The Sweet spielten am 20.10.2023 ein Konzert in Worms im Kulturzentrum „Das Wormser“. Dabei begeisterte die Band mit ihrem typischem 70er Jahre Glam-Rock-Sound das Publikum.

Video: The Sweet – Ballroom Blitz (ZDF Fernsehgarten 2023)

Mein Wunsch, möglichst Künstler-nahe Konzerte mit schon fast familiärer Atmosphäre zu erleben, führt mich unweigerlich zu den kleineren Locations und damit auch zu Bands sowie Künstlern, die ich gar nicht oder nicht mehr auf dem Schirm habe. Meine Freude war entsprechend groß, als ich eher zufällig entdeckte, dass The Sweet nach Worms kommt.

disco mit Ilja Richter

Wer in den 70er Jahren mit Ilja Richters disco aufgewachsen ist, dem ist die Glam-Rock-Band The Sweet natürlich ein Begriff. Waren sie dort doch regelmäßig mit ihren eingängigen Hits, die inzwischen echten Kult-Status besitzen, zu Gast. Andy Scott, der Gitarrist, der noch einzige Verbliebene aus der Ursprungsbesetzung, ist mittlerweile 74 Jahre alt und gemeinsam mit Paul Manzi (Lead Vocals), Lee Small (Bass) und Bruce Bisland (Drums) bilden sie die aktuelle Besetzung. Live werden sie zudem von Tom Cory (Gitarre & Keys) unterstützt.

The Sweet bringen die 70er zurück

Pünktlich um 20 Uhr kommt The Sweet auf die Bühne und legt direkt ohne großes Brimborium mit den ersten Songs Action, New York Groove und Hell Raiser los. Und schon bei den ersten Takten wird klar, dass die Band den schon fast Choral anmutenden Falsettgesang, der so charakteristisch für die Songs des Glam-Rocks ist, immer noch beherrscht. Die Frage, ob es The Sweet gelingen wird, den typischen Sound der 70er rüberzubringen und das Publikum zu begeistern, ist damit direkt beantwortet. Yes, they can!

Mit dem Song New York Groove, der ursprünglich 1975 von der Glam-Rock-Band Hello veröffentlicht wurde, zeigen die Musiker zudem, dass sie ihrem Stil zwar grundsätzlich bis heute treu geblieben sind, aber dennoch Lust haben, auch mit Modernem zu experimentieren. Nach dem Refrain stimmt Lee Small (Bass und Backing Vocals) mit seiner kraftvollen, klaren Falsettstimme das allseits bekannte Thema aus Jay-Zs und Alicia Keys Empire State of Mind an und legt sich damit über den Song. Eine gelungene musikalische Symbiose zweier Songs aus zwei verschiedenen Jahrhunderten, bei denen es schlussendlich um die Weltmetropole New York geht.

Songs funktionieren noch heute

Über Burn on the flames, The Six Teens und Everything geht es zu Teenage Rampage. Dabei wird klar: die Songs von The Sweet funktionieren noch heute. Keine großen Schnörkel, keine akrobatischen musikalischen Runs, keine ausufernden Gitarrensoli: die Stücke bleiben meist unter der Vier-Minuten-Grenze und leben hauptsächlich von dem mehrstimmigen Gesang – die Instrumente dienen dabei ausschließlich der musikalischen Begleitung.

Das Publikum, selbst auch inzwischen in die Jahre gekommen, erlebt hier einen kurzweiligen, abwechslungsreichen Musikabend – mehr oder weniger schon fast in Wohnzimmer-Atmosphäre: kein Gedrängel oder Geschubse, jeder hat genug Platz, ohne dass die Sicht zur Bühne versperrt ist und niemand nimmt es einem übel, wenn man sich von der Seite nach vorne begibt, um ein paar Handyfotos aus der Nähe zu schießen. Andy Scott selbst kokettiert dabei auch mit seinem Alter, wenn er dem Publikum „very british“ erklärt, dass er inzwischen glücklich ist, überhaupt die richtige Konzertlocation zu finden.

Nach den Titeln AC/DC, Wig Wam Bam und Little Willy flachst Andy Scott ein paar Minuten darüber, dass es aktuell immer wieder zu Fragen zu seiner Gesundheit kommt. Sein Arzt habe ihm geraten, nicht mehr zu viel Alkohol zu konsumieren und deswegen trinke er jetzt Raaaaadler. Die Lacher sind auf seiner Seite, merkt das Publikum doch genau, dass sich das Urgestein der Band selbst gerne ein wenig auf die Schippe nimmt und dabei dennoch authentisch bleibt.

Konzert-Highlight von 1978

Mit Love is like oxygen präsentiert The Sweet eins ihrer aufwändigeren arrangierten Stücke und damit eins meiner persönlichen Highlights. Der Song,1978 im Album Level Headed veröffentlicht, wich für damalige Verhältnisse vom bisherigen Stil der Band ab. Vermutlich auch durch die Abwechslung zwischen den für die Band untypischen schweren Gitarrenriffs im Refrain und den schon fast balladesk-anmutenden Strophen. Dem Song wird meiner Meinung nicht so ganz gerecht, dass er nicht zu den meistgespielten The Sweet-Titeln in den Streaming-Diensten gehört. Hat er einfach nicht verdient, auch wenn recht schnell klar ist, warum das nächste Stück der beliebteste The Sweet-Song ist. Bevor die Musiker jedoch den 70er-Jahre-Kracher Fox on the run anstimmen, stellt Andy Scott seine Band vor: ganz unprätentiös, ohne begleitende Instrumente und voller dankbarer Wertschätzung. Das Publikum spürt dabei die Liebe, die die Bandkollegen sich und ihrer gemeinsamen Musik entgegenbringen.

The Sweet haben es immer noch drauf

Nach dem vorerst letzten Titel heißt es erst mal „Auf Wiedersehen“, die Musiker kommen aber recht schnell wieder zurück, um die beiden letzten Songs des Abends Blockbuster und Ballroom Blitz zum Besten zu geben. Knapp 90 Minuten Show gehen damit zu Ende: in den Gesichtern ein verzückt, nostalgisch, verträumtes Lächeln gehen wir alle nachhause, mit dem Wissen, dass es noch immer da ist – das 70er-Jahre-Feeling.

Setlist The Sweet Worms 20.10.2023

  1. Action
  2. New York Groove
  3. Hell Raiser
  4. Burn on the flames
  5. The Six Teens
  6. Everything
  7. Set me free
  8. Teenage Rampage
  9. AC/DC
  10. Wig Wam Bam
  11. Little Willy
  12. Love is like oxygen
  13. Fox on the run

Encore

  1. Blockbuster
  2. Ballroom Blitz

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